attaque(e)r le visible

SCREENING

March 27-28 2021

Videofest #1

no opening / starts at noon / non-stop window projection

PROGRAMME:

Đejmi Hadrović

Apartment 102, Austria 2019, digital, 3:40 mins

Julie Hart

Entität, BRD 2020, digital, 5:12 mins

Ho Waishan

Lemon Tree, Hong Kong 2019, digital, 1:48 mins

Narges Kalhor

LovoGary, BRD 2016, 35 mm, 4:06 mins

Leyla Rodriguez

Optimistic Cover, BRD 2015, digital, 4:34 mins

Juli Saragosa

Urban Caustic, Canada 2002, 16 mm, 7:46 mins

PROGRAMMEDETAILS                                                 (only in German)

© Ho Wai Shan Chace

Ho Wai Shan, Chace

Lemon Tree, Hong Kong 2019, digital, 1:48 Min.

Dies ist ein Video über mein Unterbewusstsein in einer Phase der Depression. Das Licht und das Ende herbeisehnend, war ich an meine Gedanken gefesselt. Als ich den Schleier der Welt entdeckte, blieb ich lieber in meiner Vorstellungswelt.

Einige Einblicke hinter die Kulissen:

Das Video wurde durch den Blick auf dieses Foto inspiriert (oben). Es zeigt das Dach eines Industriegebäudes in Hongkong, in dessen Hintertreppe das gesamte Video aufgenommen wurde. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich damals meinen ersten Job kündigte und bei einer Freundin übernachtete. Als ich aufwachte und das Foto sah, war ich ein bisschen verblüfft und ich fühlte mich hoffnungslos in dieser Stadt. Aber jetzt ist dieses Gefühl vorüber, ich bin nicht mehr in diesem Zustand.

Ho Wai Shan, Chace, geboren 1995 in Hong Kong, studierte Creative Media an der City University of Hong Kong. Sich an der Grenze zwischen verschiedener Kunstgattungen bewegend, fragt sie in ihrer künstlerischen Praxis nach dem Verhältnis zwischen Realität und Imagination. Sie erforscht neue Mittel des visuellen Erzählens und Möglichkeiten des Kreierens von Fiktionen im realen Leben.

© Juli Saragosa

Juli Saragosa,

Urban Caustic, Kanada 2002, 16mm, 7:46 Min.

Urban Caustic ist der Versuch eines „Großstadtsinfoniefilms“ in der Tradition von Dziga Vertovs Der Mann mit der Kamera (1929) und Walter Ruttmanns Berlin – Die Sinfonie der Großstadt (1927). Saragosa baut ihre Sinfonie jedoch anders als Vertov oder Ruttmann. Sie dreht in Farbe auf 16 mm und koloriert die Bilder zusätzlich per Hand. Es entsteht eine Filmcollage, die keinen Anspruch auf Authentizität erhebt, keine strikte Dokumentation sein will, sondern sehr persönliche visuelle Klänge entfaltet.

Juli Saragosa ist eine transnationale, interdisziplinäre Künstler_in und Sounddesigner_in, die sich mit Widersprüchen in Alltag und Praxis auseinandersetzt.

jsaragosa.de

© Narges Kalhor

Narges Kalhor

LavoGary, BRD 2016, 35 mm, 4:06 Min.

Soziale Plattformen bestätigen immer wieder, dass technologischer Fortschritt nicht gleichbedeutend mit gesellschaftlichem Fortschritt ist. Eine Dating-App wird programmiertdieser Vorgang ist allerdings nicht frei von hegemonialen Denkweisen und Kategorisierungen, beispielsweise von binären Geschlechterordnungen. Eine sehr aktuelle Dating-App kann genauso konservativ sein wie ein alter Brauch. Narges Kalhors LovoGary spielt mit stereotypen Denkmustern und Erwartungen.

Narges Kalhor, geboren und aufgewachsen in Teheran. Sie studierte Spielfilmregie an der Filmhochschule Teheran, unter anderen bei Abbas Kiarostami, sowie visuelle Kommunikation an der Hochschule Kamalolmolk und an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. Gleichzeitig arbeitete sie als Filmeditorin bei der Werbefilmagentur ARASB in Teheran. 2009 beantragte sie politisches Asyl in Deutschland. Für ihre Filme erhielt sie mehrere Preise wie den Deutsche Kurzfilm Preis für den besten nichtfiktionalen Film (2014), den Video Art Preis beim Underdox Festival (2014) für den Film Kafan, den Kulturpreis Bayern (2019) oder den Starter Filmpreis der Stadt München (2020). Ihre experimentellen Arbeiten wurde unter anderen im Lenbachhaus und auf mehreren internationalen Festivals gezeigt, beispielsweise bei Vision Du Réel in Paris und DOK Leipzig.

nargeskalhor.de

© Julie Hart

Julie Hart

Entität, BRD 2020, digital, 5:12 Min.

Die Entität verhandelt über die Facetten zwischen Einheit, Masse und Ideologie. Aus der DDR stammendes Filmmaterial vom Turn- und Sportfest Leipzig 1969 wird dekonstruiert. Durch die Manipulation des Filmmaterials kann der*die Betrachtende beobachten, wie das Individuum die einzelnen Fraktale (Farbtafeln) umdreht, die das Wort “Unser Vaterland” darstellen.

Julie Hart, *1991 in Neustrelitz, lebt und arbeitet in Berlin/Athen. Hart dekonstruiert in ihren Arbeiten gesellschaftspolitische, ethische und empowernde Handlungsstrategien mit Fokus auf die Ästhetik des Widerstandes und deren Kippmomente. 2017 gewann sie den 1. Platz des Studienpreises der HGB Leipzig. Seit 2018 studiert sie in der Klasse expanded cinema bei Clemens von Wedemeyer. Sie arbeitete in Projekten mit Peggy Buth, Artur Zmijewski und Adam Szymczyk. Seit 2018 ist sie Stipendiatin der Rosa Luxemburg Stiftung. Ihre Arbeiten wurden im Museum der bildenden Künste Leipzig 2019, im Zentrum für aktuelle Kunst Berlin Spandau 2020, in der Kunsthalle Baden-Baden 2020 und auf der Re:publica 2020 ausgestellt.


© Leyla Rodriguez

Leyla Rodriguez

Optimistic Cover, BRD 2015, digital, 4:34 Min.

Wann ist Ort ein Zuhause? Kann ein Weg ein Zuhause sein? Optimistic Cover ist Be-WEG-ung. Alle seine Figuren laufen, marschieren. Ständig. Wohin sie eilen, bleibt ungewiss. Sie hinterlassen allerdings Spuren. Überall. Abdrücke von Hundepfoten, auf eine Mauer aufgeklebte Tücher und Tischdecken. Tischdecken auf einer Mauer? Eigentlich machen sie auf der Mauer wenig Sinn, aber wohin mit ihnen, wenn es keinen Tisch gibt, wo man sie drauflegen kann und auch kein Zuhause …

Leyla Rodriguez stammt aus einer Musikerfamilie und wuchs in Argentinien auf. 1984 immigrierte sie mit ihrer Mutter nach Europa. Die Reise sowie der Identitäts- und Heimatverlust spielen in ihrem Werk eine zentrale Rolle und als Stellvertreter werden Familienangehörige, Musik und Tiere zum Ausgangspunkt komplexer Charaktere. In der Verknüpfung von Kunst und Leben, die u. a. auch eine langjährige kuratorische Praxis oder die Produktion von Künstlerbüchern beinhaltet, erlangen Rodriguez’ Installationen und Experimentalfilme in ihrer medialen Vielfalt und in ihrer konzeptuellen und praktischen Ausführung den Charakter eines Gesamtkunstwerks. Rodriguez ist Trägerin des Kraft New Media Prize (2011). In den vergangenen Jahren wurden ihre Arbeiten international gewürdigt und gezeigt, etwa im Museo d’Arte Contemporanea di Roma (2018), im State Hermitage Museum St. Petersburg (2017), bei Platforms bei Art-Athina (2016), im Museu Valencià de la II-lustració i la Modernitat (2015), im Instituto Cultural Peruano Norteamericano Cusco (2014), im Kunstverein Rostock (2013), im The Armory Center for the Arts (2012), im Tromso Kunstforening (2011) und im Hirshhorn Museum (2010).

blog.leylarodriguez.de  leylarodriguez.com

© Đejmi Hadrović

Đejmi Hadrović

Apartment 102, Slowenien/Österreich 2019, digital, 3:40 Min.

Das schwarz-weiß gehaltene Video zeigt das Gesicht einer Frau. Sie schaut in die Kamera, den Blick der Zuschauenden erwidernd. Es ist ein entschiedener, starker, stechender Blick, der dich anstarrt, wenn du die auf dem Bildschirm erscheinenden Fragen liest. Es sind unbequeme Fragen, die niemand gerne stellt oder beantwortet. Apartment 102 stellt sich nur scheinbar zur Schau, die eigentliche Protagonist_in ist das Publikum, dessen Schaulust, Komplizenschaft und oft auch Ignoranz.

Đejmi Hadrovićs Statement:

Ich bin eine Medienkünstlerin, die mit Fotografie, Video, Installation und Performance arbeitet. Als integraler Bestandteil der Massenkultur ermöglicht es die Videokunst denjenigen eine Stimme zu geben, die von der, die Reproduktion von Identität dominierenden, Elite marginalisiert werden. Werden sie auf dem Bildschirm präsentiert, bilden diejenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen, einen Diskurs gegen den dominanten Hegemon. Svetlana Slapšakeine der bekanntesten Gender-Forscher_innen aus dem ehemaligen Jugoslawienbehauptet, dass „universelles Wissen, in dem die Stimmen der Frauen abwesend ist, keine epistemologische Gültigkeit hat“. Ich möchte daher eine breite Aufmerksamkeit auf die unmögliche Situation der Frauen lenken, die in den letzten jugoslawischen Kriegen sexuell missbraucht und dann im kulturellen, sozialen und politischen Raum der Nachkriegszeit unsichtbar wurden.

dejmihadrovic.si